Mittwoch, 15. Oktober 2014

Theaterkritik- Wer hat Angst vor Virginia Woolf? - Gruppe 15 - Foto, Text

Wer hat Angst vor Virginia Woolf?

Mit der Inszenierung von Edward Albee’s „Wer hat Angst vor Virgina Woolf“ ist Alexander Kratzer ein Theaterstück der besonderen Art gelungen. 
Jenes Stück, welches am 27. September diesen Jahres seine Premiere feierte, lockte auch noch zwei Wochen danach- sprich am 14. Oktober 2014- eine grosse Zahl an Zuschauern in den Theatersaal an der Effingerstrasse. Für eine Theatervorstellung ungewohnt, begann das Stück pünktlich um 20.00 und eröffneten dem Zuschauer den ersten Blick auf das zwar banale, jedoch passende und aufwendig hergerichtete Bühnenbild.

Dargestellt ist ein Wohnzimmer, eingerahmt mit einer Vielzahl leerer Glasflaschen, welches den Schauplatz des gesamten Stücks darstellt. Diesen betreten anfangs ausschliesslich die Eheleute George (Gilles Tschudi) und Martha (Wiltrud Schreiner), welche nach einer durchzechten Nacht nach Hause zurückkehren. Was folgt ist ein heftiges Wortgefecht zwischen dem zynischen und verbitterten George und seiner frivolen, trunksüchtigen Ehefrau, welche wohl schon seit langem ein trostloses Dasein miteinander fristen. Trotz der geladenen Stimmung, eröffnet Martha ihrem Mann, dass sie noch zu solch später Stunde Gäste erwartet: Der junge, gut aussehende Biologiedozent Nick (Felix Krauss) und seine etwas dümmliche und schrille Ehefrau- genannt Süsse (Charlotte Kremp)- betreten die Bühne.
Vor den zunächst schockierten Gästen setzen Martha und George ihren seit Jahren andauernden Ehekrieg fort und versuchen sich in verschiedenen Szenen an Demütigungen zu übertreffen. Mit steigendem Alkoholpegel sinkt gleichzeitig das Niveau jenes Psychoduells von Stunde zu Stunde und entgegen ihren Willens, geraten auch die Nick und seine Süsse mitten hinein in die perversen Spielchen ihrer Gastgeber. Auch bei ihnen offenbart sich das bröckelige Fundament, auf welchem die Ehe aufgebaut ist und die Zuschauer erhaschen mehr und mehr einen Blick hinter ihre gut- bürgerliche Fassade.
Während dessen haben sich Martha und George bereits offen den Krieg erklärt und versuchen sich schonungslos und auf jede erdenkliche Art und Weise zu vernichten. Vorallem Nick wird hierbei von Martha als ein Mittel zum Zweck missbraucht, während dank George die Welt seiner Süssen allmählich zusammenbricht.


Spätestens in der zweiten Hälfte des Stücks fallen alle Hemmungen und jegliche Konventionen verabschieden sich. Der Abend gerät nun vollständig ausser Kontrolle und das Trommelfell des Zuschauers wird auf eine harte Probe gestellt.  
Mit einem letzten Spiel, welches das Geheimnis um die Existenz eines mysteriösen Sohnes aufdeckt, werden nun vollends alle über die Jahre aufgestauten Emotionen und Aggressionen Marthas und Georges freigesetzt, bis endgültig ein Sieger feststeht.













Auch vor tätlichen Übergriffen gegenüber seiner Frau
macht George (Gilles Tschudi) nicht Halt.



Alles in allem ist das Stück sowohl verstörend, jedoch gerade deswegen ungewöhnlich fesselnd, bedenkt man die Banalität der behandelnden Thematik. Obwohl in jenem Stück keine abwechslungsreiche Handlung ersichtlich wird, gelang es den teilweise herausragenden Schauspielern- hierbei vor allem Gilles Tuschdi, welcher in fast allen Szenen begeisterte- den Zuschauer wachzuhalten. Jedoch wird die erste Hälfte, welche durch schwarzen Humor und Sarkasmus glänzt, etwas überschattet vom Schlussteil des Stücks. Anstelle unterhaltsamer zynischer Wortgefechte, dominierten hier zunehmend Geschrei, sowie emotionale Zusammenbrüche, welche nicht immer überzeugend und gespielt wurden; gemeint ist hier primär Charlotte Kremp. Zunehmend konnte der Zuschauer eine gewisse Scham auf Seite der Schauspielerin gegenüber den Anforderungen ihrer Rolle vermuten. Es ist jedoch einzuwenden, dass dies teilweise fast verständnisvoll aufgenommen wurde, hält man sich beispielsweise die Szenerie, in welcher die „Süsse“ einen verstörend obszönen Akt mit einer Glasflasche auszuführen hat noch einmal vor Augen. Einen traurigen Höhepunkt bot der Tanz Marthas und Nicks anfangs des zweiten Aktes: Was genau der Regisseur mit jener Inszenierung und einem dazu verwendetem Hit- Parade Song bezweckte, blieb für alle ein Rätsel.
Aufgrund dessen, kann man die hierzu etwas laschen und immer gleichen Tanzbewegungen der Martha verzeihen und leidet als Zuschauer eher ein wenig mit ihr mit.
Zusammenfassend ist wenig an den schauspielerischen Fähigkeiten des Ensembles zu kritisieren: Mimik, Gestik, sowie eine überzeugende Darstellung und Verkörperung der verschiedenen Rollen waren gegeben.
Der Versuch, das Stück, in den Sprech- Jargon der Gegenwart umzumünzen, kann gleichfalls als geglückt angesehen werden, ausgeschlossen ist hiervon der oben schon erwähnte Versuch, die zeitgenössische Musikkultur von Schauspielern einer älteren Generation lebensnah darstellen zu lassen.

Schlussendlich hinterlässt das Stück beim Zuschauer einen bleibenden Eindruck und gemischte Gefühle; nicht aufgrund der Qualität der Inszenierung wegen, welche wirklich überzeugt, sondern eher aufgrund des teilweise sehr düsteren und fast traurigen Inhaltes.
Alles in allem, ein Theaterstück, welches sich zu besuchen lohnt.



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen